Öko-Masterplan zeigt Wert der Balkanflüsse

++ 80.000 Kilometer Fließgewässer auf dem Balkan wissenschaftlich bewertet ++ 76 Prozent davon als Tabuzonen für Wasserkraftwerke ausgewiesen ++ Energiewende ist notwendig und möglich ++

Wien, Radolfzell 27.11.2018 - Drei Viertel der Balkanflüsse sind ökologisch so wertvoll, dass sie nicht durch Wasserkraftwerke verbaut werden dürfen. Das belegt der Öko-Masterplan, den die NGOs Riverwatch und EuroNatur heute im Rahmen der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ präsentierten. Beim Öko-Masterplan handelt es sich um eine Art Raumordnungsplan für die Fließgewässer zwischen Slowenien und Griechenland, der Tabuzonen für neue Wasserkraftwerke aufzeigt. Insgesamt wurde dafür ein Fließgewässernetz von mehr als 80.000 Kilometer Länge wissenschaftlich bewertet. Das Resultat: Etwa 61.000 Flusskilometer davon (76 Prozent) sind ökologisch hochwertig und damit als Tabuzonen für Wasserkraftwerke ausgewiesen (folge dem Link zur visuellen Storymap). „Wir fordern Investoren sowie die Entscheidungsträger in den Balkanländern und der EU auf, zukünftig keine Wasserkraftwerke mehr in diesen Tabuzonen zu finanzieren oder zu genehmigen. Der Schutz der Balkanflüsse ist eine europäische Aufgabe und der Öko-Masterplan ein Werkzeug für alle Verantwortlichen, diesen Schatz zu erhalten“, so Riverwatch und EuroNatur.

Weil Wasserkraftwerke grundsätzlich erheblichen Schaden an der Natur anrichten, ist der entscheidende Aspekt bei der Planung die Klärung des Standorts. Deshalb lautet die wichtigste Frage bei der Projektierung: „Wo darf nicht gebaut werden?“ Der Öko-Masterplan beantwortet diese Frage und schafft damit eine wesentliche Planungsgrundlage für Investoren und Entscheidungsträger. 

Dieser Plan vereinigt erstmals das Wissen über Artenvielfalt (Fische, Muscheln, Köcherfliegen), Intaktheit der Fließgewässer mit ihren Auen sowie die Lage von Schutzgebieten und gibt diese Information in Karten und Tabellen wieder. Er ist ein geeignetes Instrument, die verheerenden Wasserkraftplanungen einzudämmen, die Artenvielfalt und die Schönheit der Flusslandschaften zu erhalten, soziale Konflikte zu vermeiden und für Investoren die Planungssicherheit zu erhöhen.

Staudammbau an der Sana in Bosnien-Herzegowina. Etwa 3.000 Wasserkraftwerke sind am Balkan geplant oder bereits im Bau, ein Drittel davon in Naturschutzgebieten. Etwa 50 Fischarten würden an den Rand des Aussterbens gebracht werden oder ganz aussterben, wenn diese Projekte Realtität würden. © Matic OblakDerzeit sind zwischen Slowenien und Griechenland rund 3.000 Wasserkraftwerke in Planung oder im Bau. Mehr als 1.000 davon in hochrangigen Schutzgebieten wie Nationalparks oder Natura 2000-Gebieten. Auch der einmaligen Artenvielfalt in diesen Flüssen droht der Kollaps, sollten diese Projekte realisiert werden. Hunderte Arten könnten aussterben, darunter laut Wissenschaftlern elf Fischarten. Auch die ohnehin schon bedrohten Bestände des Huchens, könnten um etwa 70 Prozent schrumpfen und die Art damit an den Rand des Aussterbens gebracht werden.

Aus sozialer Sicht besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf: Immer mehr Anrainer und Initiativen wehren sich gegen die Flut an Wasserkraftprojekten. Etwa in Serbien, wo erst kürzlich 3.000 Menschen gegen den geplanten Bau von 60 Wasserkraftwerken im Naturpark Stara Planina auf die Straße gingen und den Baubeginn stoppten. Oder in Bosnien-Herzegowina, wo seit mehr als einem Jahr die „tapferen Frauen von Kruščica“ eine Kraftwerksbaustelle blockieren - Tag und Nacht.

„Dieser Öko-Masterplan ist die wichtigste Grundlage für alle weiteren Planungen an den Balkanflüssen. Diese Tabuzonen für Die Morača in Montenegro ist einer der wertvollsten Flüsse Europas für Fische und andere Lebewesen. Der gesamte Lauf soll laut Öko-Masterplan zur Tabuzone für Wasserkraftwerke erklärt werden. © Sergey LyashenkoWasserkraftwerke sind gleichzeitig die „Go-areas“ für seltene Tiere und Pflanzen, für einmalige Landschaften, für Anrainer und alle Naturliebhaber“, sagt Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch.

Energiealternativen

Laut Öko-Masterplan liegen 89 Prozent der geplanten Wasserkraftwerke in Tabuzonen. Eine eigens in Auftrag gegebene Energiestudie ergab, dass der Ausfall dieser Kraftwerksprojekte durch den Ausbau vor allem von Solar- und Windanlagen ersetzt werden könne. Doch derzeit konzentrieren sich die Balkanstaaten fast ausschließlich auf die Wasserkraft, in Photovoltaik wird hingegen kaum investiert - trotz 300 Sonnentagen pro Jahr, wie etwa in Albanien. „Der Öko-Masterplan hat erneut belegt, dass die Balkanflüsse zu wertvoll sind, um sie zu verlieren. Sie sind das Blaue Herz Europas. Dessen Zerstörung durch Wasserkraft wäre nicht nur ökologisch und sozial verheerend, sondern auch energiepolitischer Unsinn“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur. Ein Wandel in der Energiepolitik ist auf dem Balkan nötig: Reduzierung der großen Energieverluste, Stopp der Wasserkraft und Investitionen in Solar und Wind, so die Einschätzung von EuroNatur und Riverwatch. 

 

Hintergrundinformationen:

  • Die Daten des Öko-Masterplans wurden in DIESER STORYMAP visuell aufgearbeitet
  • Öko-Masterplan für Balkanflüsse zum DOWNLOAD
  • Dies ist eine gemeinsame Pressemitteilung von Riverwatch und EuroNatur
  • Kampagne zur Rettung der Balkanflüsse: Ungefähr 3.000 neue Wasserkraftwerke sind derzeit zwischen Slowenien und Albanien in Planung oder im Bau. Um dieser Welle der Zerstörung entgegenzutreten, haben die Naturschutzorganisationen EuroNatur und Riverwatch zusammen mit lokalen Partnern in den Balkanländern die Kampagne „Rettet das Plaue Herz Europas“ ins Leben gerufen.  https://balkanrivers.net/de

 

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